Thema (Christian Steinbacher)

(Thema x A)

ABWEICHEND GÜNSTIGST ZUGESPITZT

unbändig abgelassen uneins
zuhauf rund unumschränkt
griffig frisch eingenickt
hellauf geknickt
echt fast überhöht phosphatfrei
pigmentiert synthetisch quer
offen halb
fügsam aufgebracht sehr
mehr merkwürdig hügelfrei
gerippt x-fach verbeult
bunt töricht entleert
befangen himmelblau klar

+

(Thema x B)

GESAGT GETREU EINHER

Der Riss bestach wie jeder Riss,
Synthetik heißt die Zeitdevise,
ein jeder Bruch wird eingebunden und
so hebt er ab
aber der Wipfel da tropft noch
in den Scharen von Soßen

[beide Gedichte aus der Sammlung
„der wandel motzt“, 2000]

Variation 3 zu T 9 (Christian Steinbacher)

DEMESTICA
(vom Nervösen, das sich findet)

„Reh, zieh!“-Nut, das heißt, der Gürtel
ward gestochen, welches Loch denn
wirkt nun dort an einer Reling,
dass die Schneiderei es ändert,
bis das doch nervöse Tierchen
resistent wird, retardiert jetzt,
hoppelt auf zur Krippe Resi,
unser Häschen, gleichfalls flüchtig,
wird das nun bald bloß Zinnober,
wenn wir weiter springen, hüpfen.
besser Hauswein als den Rezi-,
na, was will da unser Auge,
renitent heißt’s zu erklimmen
diese Töne, die sich finden
wollten schon von Anfang an, wir
gern vergönnen unserm Gürtel,
der sich wie Lianen windet,
diesen Auf- und Auslauf, doch es
gilt ja auch was aus der Nähe:
Inuit mag Nutria.

Variation 6 zu T 5 (Christian Steinbacher)

IM SCHWIRRBAZAR EIN PAAR VERHALTNE BLEIBEN
(als vokalistische Verweiterung einer Heissen Fusion Christian Filips’)

Als all das sehr Fette
uns freut, dass im Fügen mehr sprengt es
kein Schwarm, o Haargel-Adepten, verhaltener
wärm der. Noch werf es, wird fein ausgecheckt,

Geschehen, scheuet das Mal sein Ketteln.
Nur wie schaufeln? Kessel? Duster tankt, sintert
bei schwindendem Pfandbestand
kein Schmalz vorm Kippeffekt, des Schwebens

kleine Runde. Schabt am hohen Ziel wer?
Befinde das! Beim Garn der Klimmintrige
Au-pairs Kapp-Pfosten-Menhire tröpfeln, teure Abstreifer
verschwistern dich. Sie mixen schief, schlicht quer,

nie ein dem Hellauf-Seim das Pot-Beschildern.
Ei, sei echt Streu. Auf, schnorr! Au, ’s schmort.
Zum Zoff im Körnen nimm Schergen, wenn anders unverhofft fern
schlackt Eiswelt, krumm bläu ein den dir. Dönner

voll Rhabarber sirr. Entlehn es.

*

(wirkt ausgezehrt O’Flennys Drainageriegeheul?)

*

UND ODER ALLE ALLEMAL FLOTT SCHLICHT ZURÜCK:

Die schönste Mutter konzertant auch dort verschwinde.
Nicht mehr an Zeichentiefe riecht, wer wehrt.
Eben Hand in Hand wieder schleppen!
Je erhaltene Versprechen betteln: Tränen

Variation 2 zu T 4 (Christian Steinbacher)

STIPPVISITE MAHAGONI

                                                    „zwei stammelnde Dinge, keines ist Pfirsich“
                                                    Monika Rinck, „Sinn und Gegensinn (Sang und Antisang)“
                                                    (als Thema 4 der Liedertafel)

Aus süßestem Kirschholz gefertigt, diese Sentenz oder Kredenz,
und von einem Meister aus waldreicher Gegend, wie Anton
Pawlowitsch etwa, ja so merket auf, denn der Dichter
Franz Dodel notiert, dass strecken würden Namen die Dauer,
Farbnamen zum Beispiel retteten vorm Versinken ins Bild,
die Kollegin Köhler hinwieder weist auf ein Schrifttum, in dem
alles, was Namen habe, vergehe, wie also sei beizubringen
diesem Treiben es, dass wir dann und wann eben doch
noch ’nen Peperono à la Kirsch trügen hinüber bis nach
Zweibrücken oder gar hinauf bis zur See, 

weiß unser aller dernier cri es doch längst, dass erst hinter
weitläufigeren Steppen welch Samarkand dann auch immer
würde geknüpft, und das nicht nur vor denen, die würfen
Schecken über bloß Decken oder stoppten ab ihre Naht,
legt ins Zeug sich unser Saum in reichlich betuchter Manier,
die das alles ebenso bestens zu ramponieren weiß wie
des herbeizitierten Pfirsichs obligatorisches Fruchtfleisch,
und auch weiße Kirschen, die gibt es, will passend ergänzen
eine Grußkarte an die dänische Delegation, aber auch
diese ausufernden Zweiteiler, und jetzt bitte das alles
abgestimmt aufeinand’, und für heute, almeno fare il gesto,
etwa ganz in Cornell, sollten uns gut und gerne erfreun,
steiget also mehr heraus aus euren Schuppen und Flossen
vom Grundl- bis zum Inari-See, zeigt, zeugt euch, getönt,
neu wie frisch, oder auch gefönt, und somit bald froh,
bald auch lockend, was ja nicht dasselbe nach sich ruft
im Betrachten späterer Verschleppungen oder Blessuren
wie etwa dieser Schramme, die dem zwar gern nachfolgt,
dann aber doch keine Schwemmen hervorbringen will,
wo Vandalen ihre freschi mit der Natur eines Rosses
abseits jeder Versteppung hätten besprayt, was Passanten
als Verunzierung ehemaliger Labungsplätze für Gäule
echt ärgert, und so hätt wohl selbst solch Text mit der Zeit
statt ’ner Pfirsichhaut oder des kaum durchkomponierten
Kompostierens mit Kirschkern und Kuriosa nötig ein Deo.

Nihilum album

Eine Liedertafel mit Oswald Egger

“Das Wesen des Gedichts ist Gesang, nicht Gemälde, aber wer so redet (Herder), spricht – vom Volkslied. »Es sind / noch Lieder zu singen jenseits / der Menschen« (Celan), doch auch jenseits ihrer Sperenzchen? Kommt im alten Lied das verhaltene, was sich versagt und bleibt im Gedicht, zu Tage, als Tagelied ans Licht? Und was sind das für Worte, die wie Blumen tun, tausendschön, so ohne Erde und Terrain, nur aus der Luft gegriffen?
Oswald Egger legt quasi heimatlose Lieder und Gedichte vor, die von dort, woher die Kinder kommen, ins Diesseits kassibern: Zinkblumen ( nihilum album) aus Erde und Rede, Zink, das sich im Glosen und Fokus des Gegenständlichen verliert und wie lichtflüchtige Wollflocken in Luft aufgeht: als »lana philosophica« den Alchemisten und Hermetikern bekannt, woraus »nihilum album«, das »Weißnicht«, »Nichts« und »nicht« entstanden.”

Die Liedertafel empfiehlt als kompositorisches Material die folgenden Gedichte:

Singen, tönern
ist es gut,
Pfoten-Mond
lebendere Blitze.

*

Ich denk
und stimme
Ribisl-
Lieder an.

*

Zum Aufspringen
und Tanzen will ich,
daß alle Bohlen
Eichholz sind.

*

Perchten
im Krapp-Sack
Beutel-Puppen
ihr Schuhzeug?

*
Die Ahlkirschen-
reiche Ahlkirschwiese
ist gefährlich, Beeren-
heide, plumbs, plumbs

*

Ich saß
eine knöcherne Woche,
und ich saß
eine fleischige Woche.

*

Die
Waldbellerhunde,
die Wildbellerhunde
kläffen den Mond an.

*

Trinktücher-Kelche,
flüsternde Gruppen
stehen in den Fall-
Gassen der Würfler.

*

Manchmal klack’t ein
Ast im Takt gegen das
Balkendach der Schlag-
Blockhütte Einlaß.

*

Nicht mir
zum Schlimmen
erhoben sich
die Stimmen.

(AUS: NIHILUM ALBUM, Lieder & Gedichte, Suhrkamp 2007)

Kompositorische oder akustische Beiträge (für Stimme solo / gesungen, gesprochen /, Zuspielband oder Vokalensemble SATB) bitte an: dramaturgie@sing-akademie.de Dann versuchen wir uns gern an einer Realisierung.