Die Eingeborenen entdecken das Akkordeon
Yeah!
Dienstag, 25. Oktober 2011, 21.15 Uhr
Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3, Berlin
Unser aller lügiliebstes Vaterdankrückenland – Gröhlvolke – NUTNIKS
Mit seinen zwischen konkreter Poesie und Musik, Gesellschaftskritik und Sprachwissenschaft changierenden Arbeiten hatte Hans G Helms (*1932) entscheidenden Anteil an den Avantgarde-Bewegungen der Nachkriegszeit. Im engen Kontakt mit Theoretikern wie Adorno und Kracauer und Komponisten wie Cage und Stockhausen entwickelte er zahlreiche Experimente, darunter die als sein Hauptwerk geltende Sprach-Musik-Komposition „fa:m’ ahniesgwow“ (1959).
Dieses „filigran komponierte Mosaik von äußerster Empfindlichkeit” (Helms), hervorgegangen aus einem gemeinsam mit Komponisten unternommenen James-Joyce-Lesekreis, wurde in diesem Jahr zum ersten Mal vollständig eingespielt (Label: WERGO). Es verbindet die Liebesgeschichte zwischen einem frühreifen jüdischen Jüngling und der Tochter eines finnischen SS-Generals mit ästhetisch-phonetischer Sprachanalyse und deutlich artikulierter Kritik an realen gesellschaftlichen Strukturen der BRD der fünfziger Jahre.
Die Liedertafel der Sing-Akademie hat das Kölner SprachKunstTrio sprechbohrer (Sigrid Sachse, Harald Muenz, Georg Sachse) eingeladen, das Werk live in Auszügen vorzustellen.
Im Anschluss: Gespräch bei Käse und Wein.
. . .
Der Räuber liegt am Strande.
Er lauschet den Akkorden.
Er ist nicht mehr imstande
‘nen Menschen zu ermorden.
. . .
Friederike Kempner (1828 – 1904)
der dirigent hebt den stab
das orchester schwingt die instrumente
der dirigent öffnet die lippen
das orchester stimmt ein wutgeheul an
der dirigent klopft mit dem stab
das orchester zerdrischt die instrumente
der dirigent breitet die arme aus
das orchester flattert im raum
der dirigent senkt den kopf
das orchester wühlt im boden
der dirigent schwitzt
das orchester kämpft mit tosenden wassermassen
der dirigent blickt nach oben
das orchester rast gen himmel
der dirigent steht in flammen
das orchester bricht glühend zusammen
Dienstag, 7. Juni 2011, 21 Uhr
Villa Elisabeth, Invalidenstr. 3, Berlin
DAS ENDE VOM LIED
Eine Liedertafel mit Ursula Krechel und Katia Tchemberdji
„Die Krise der Ballade ist vorbei!“, befindet die Dichterin Ursula Krechel in ihrem 2010 erschienenen Gedichtband „Jäh erhellte Dunkelheit“. Doch solcher „Überschwang währt niemals lang“. Schon wenige Seiten später taucht ein trauriger Schneider auf, der am Rande der Autobahn spazieren geht und sogleich überfahren wird. Ist die Ballade vom Schneider also ihr eigenes „Ende vom Lied“?
Katia Tchemberdji hat sich dieser Vorfälle angenommen und zu Texten von Ursula Krechel eine Chorballade für 8-stimmigen Chor a cappella komponiert, nach deren Erklingen die Krise wirklich vorbei sein könnte. Wie die Balladen klangen, bevor sie überhaupt in die Krise gerieten, das zeigt die Aufführung von Ferdinand Hillers Gesängen der Geister und der Parzen nach Texten von Goethe.
Ab 22 Uhr: Gespräch bei Käse und Wein
Kammerchor der Sing-Akademie zu Berlin
Dirigat: Annette Diening, Christian Gössel, Uwe Schamburek
(Prüfungskonzert im Rahmen der Ausbildung zum Kirchenmusiker)
Mit freundlicher Unterstützung der UdK Berlin
was das wasser macht? und wie. was das gurkenwasser macht. und das wässerchen, was das nun wieder macht.
dunkel worden, gnu. kuppen. wie? nununu.
gurken auf dem flügel. wodka. kabel. schumann. das bedeutet frühlingsdüfte. unten fängts schon an zu blühn. zehn bis zwölf nebensonnen reißen die arme hoch. drehn sich. und den kopf unter wasser getaucht. zwieback jippie. homo ludens. der traum von mühelosigkeit. das realitätsprinzip zu leugnen, und wenn es nur für drei minuten ist. ein picknick auf den bühnenteilen. auf den podesten. hier lagern. den schal hinlegen. hier den zwieback. und taumelnd verfolgen die beteiligten den traum, hinter das realitätsprinzip zu schauen. üben. üben. üben. was ist das gegenteil von üben? nunja. losziehn. machen. faul sein? aber ist der faul der macht?
der traum, man träte auf die bühne, ungeübt brächte man die leute, völlig ungeübt, in die äußerste rührung, man würfe sie, und sie wären schwerelos. sie hätten alle kein gewicht, weil sie luftwesen der begeisterung, und das alles ungeübt, dann hochgeworfen und gefangen, jeden einzelnen, so also der traum. die pausen verschönern, in den pausen die ganze welt angehalten. und dann in die gurken, in den zwieback, in in in und aus aus aus. und wir schauen schon sehr drauf, dass wir die gurken nicht in den flügel kippen. wir müssen sehr sorgfältig sein und mit händen wie mit füßen aufpassen, auch nicht zu stolpern. aber tanzen und rufen. das geht.
komm raus und stell dich mir in den weg, bevor ich vergesse, warum ich hier bin,
femtosekunden in der das wasser die ihm zugeführte energie wieder preis gibt und sich zu anderen clustern macht.
retzinut. heiliger ernst.
mit der glühenden blässe die kinder beim spielen entwickeln.
unlust denken lernen. dann vergessen, was man gelernt hat.
das ist die zahl ihrer nichtwasserstoffnachbarn
komplexverbindungen von einem zeitraum von einigen billiardstel sekunden
(Zettel, beim Aufräumen gefunden, das war vor etwa einem Jahr)
Daß mein Kiel mit Thränen sich benetzet
Vielleicht so lockt er auch solch Naß bei andern raus.
Ach! Wär ein Donner=Thon in meinen Satz gesetzet
So würckt er auch vielleicht Erzittern, Angst und Grauß.
Telemanns Widmung auf dem Frankfurter Textbuch
seiner Brockes-Passion, 1716