ernst jandl: das fanatische orchester

der dirigent hebt den stab
das orchester schwingt die instrumente

der dirigent öffnet die lippen
das orchester stimmt ein wutgeheul an

der dirigent klopft mit dem stab
das orchester zerdrischt die instrumente

der dirigent breitet die arme aus
das orchester flattert im raum

der dirigent senkt den kopf
das orchester wühlt im boden

der dirigent schwitzt
das orchester kämpft mit tosenden wassermassen

der dirigent blickt nach oben
das orchester rast gen himmel

der dirigent steht in flammen
das orchester bricht glühend zusammen

Das Ende vom Lied

Dienstag, 7. Juni 2011, 21 Uhr
Villa Elisabeth, Invalidenstr. 3, Berlin

DAS ENDE VOM LIED
Eine Liedertafel mit Ursula Krechel und Katia Tchemberdji

„Die Krise der Ballade ist vorbei!“, befindet die Dichterin Ursula Krechel in ihrem 2010 erschienenen Gedichtband „Jäh erhellte Dunkelheit“. Doch solcher „Überschwang währt niemals lang“. Schon wenige Seiten später taucht ein trauriger Schneider auf, der am Rande der Autobahn spazieren geht und sogleich überfahren wird. Ist die Ballade vom Schneider also ihr eigenes „Ende vom Lied“?
Katia Tchemberdji hat sich dieser Vorfälle angenommen und zu Texten von Ursula Krechel eine Chorballade für 8-stimmigen Chor a cappella komponiert, nach deren Erklingen die Krise wirklich vorbei sein könnte. Wie die Balladen klangen, bevor sie überhaupt in die Krise gerieten, das zeigt die Aufführung von Ferdinand Hillers Gesängen der Geister und der Parzen nach Texten von Goethe.

Ab 22 Uhr: Gespräch bei Käse und Wein

Kammerchor der Sing-Akademie zu Berlin
Dirigat: Annette Diening, Christian Gössel, Uwe Schamburek
(Prüfungskonzert im Rahmen der Ausbildung zum Kirchenmusiker)

Mit freundlicher Unterstützung der UdK Berlin

etwas machen, das die leute verstehen

was das wasser macht? und wie. was das gurkenwasser macht. und das wässerchen, was das nun wieder macht.

dunkel worden, gnu. kuppen. wie? nununu.

gurken auf dem flügel. wodka. kabel. schumann. das bedeutet frühlingsdüfte. unten fängts schon an zu blühn. zehn bis zwölf nebensonnen reißen die arme hoch. drehn sich. und den kopf unter wasser getaucht. zwieback jippie. homo ludens. der traum von mühelosigkeit. das realitätsprinzip zu leugnen, und wenn es nur für drei minuten ist. ein picknick auf den bühnenteilen. auf den podesten. hier lagern. den schal hinlegen. hier den zwieback. und taumelnd verfolgen die beteiligten den traum, hinter das realitätsprinzip zu schauen. üben. üben. üben. was ist das gegenteil von üben? nunja. losziehn. machen. faul sein? aber ist der faul der macht?

der traum, man träte auf die bühne, ungeübt brächte man die leute, völlig ungeübt, in die äußerste rührung, man würfe sie, und sie wären schwerelos. sie hätten alle kein gewicht, weil sie luftwesen der begeisterung, und das alles ungeübt, dann hochgeworfen und gefangen, jeden einzelnen, so also der traum. die pausen verschönern, in den pausen die ganze welt angehalten. und dann in die gurken, in den zwieback, in in in und aus aus aus. und wir schauen schon sehr drauf, dass wir die gurken nicht in den flügel kippen. wir müssen sehr sorgfältig sein und mit händen wie mit füßen aufpassen, auch nicht zu stolpern. aber tanzen und rufen. das geht.

komm raus und stell dich mir in den weg, bevor ich vergesse, warum ich hier bin,

femtosekunden in der das wasser die ihm zugeführte energie wieder preis gibt und sich zu anderen clustern macht.

retzinut. heiliger ernst.
mit der glühenden blässe die kinder beim spielen entwickeln.
unlust denken lernen. dann vergessen, was man gelernt hat.

das ist die zahl ihrer nichtwasserstoffnachbarn
komplexverbindungen von einem zeitraum von einigen billiardstel sekunden

(Zettel, beim Aufräumen gefunden, das war vor etwa einem Jahr)

die Eselin bei besagtem Gleitschirmflug

Nächste Liedertafel: Dienstag, 29.3.2011
Villa Elisabeth, ab 21 Uhr, Invalidenstr.3, Berlin

Schüttler und Genschel machen ihre Kladden auf. Berweck sitzt u.a. am Klavier.

Auszug:

– Veronika
– Schiebetür (mechanische)
– Fernlautsprecher
– der Hund (Genie)
– mit Pudelmütze!
– (nach dem sie wohl stirbt, aber das dann wann anders..)
– (k)(l)eine “W(e)rk(e)”
– 1x mit Ton?
– Gadenstätter-Spalt-Problematik
– Abstände ≠ Material
– transkribieren?
– Quälersymptome
– die Eselin bei besagtem Gleitschirmflug

Round Table, ab 22.30 Uhr:

– Verschränkung von Musik und Sprache nicht in der Ausführung von Werken, sondern im Sichtbarmachen von Produktionsprozessen?
– Best Off. Das Kaufhaus als Ausläufer
– Käseplatte
– Träubchen werfen verboten!
– Urkundenverleihung Kanon-Wettbewerb
– Gnadenlos ausgeführt?

Februar-Kanons

Lange hat die Jury getagt, um die insgesamt 68,5 Einsendungen zu sichten. Das Ergebnis: der “Kanon-Preis” im Monat Februar wurde zum Nachwuchsförderpreis umgewidmet und durch 3 geteilt. Da der Komponist Bo Wiget uns seit Beginn der Ausschreibung täglich einen Kanon schickt und somit 95 Prozent aller Einsendungen auf sich vereint, wurde ihm eine Sonderkategorie zugeteilt. Sollte er auf dem bislang gezeigten Niveau weiter arbeiten, wird er ab sofort monatlich mit dem WIGET für sein Lebenswerk geehrt.

DER WIGET – SONDERPREIS FÜR DAS LEBENSWERK EINES KANONIKERS
GEHT IM FEBRUAR AN: WIGET

DIE FÖRDERPREISE FÜR KANONS, MIT DENEN AUCH WAS NICHT STIMMT, GEHEN IM MONAT FEBRUAR AN:

hey, hey zettelchen
Text, Komposition und Gesang: Lisa und Lottchen
Management: Der Brüterich

lisa+lottchen

Pille (Papierkorb II)
Komposition und Gesang: Andreas Albert Müller, Text: Geigy

Pille

Disturbi del ritmo cardiaco
Text und Komposition: Luise Steinwachs

Herzrhythmusstoerung

Allen Gewinnern herzlichen Glückwunsch!

Wer diese Kanons weiter verbreitet (copyright free) und uns die Verbreitung in genügender Form dokumentiert (Audio/Video), der hat gute Aussichten auf den “Sonderpreis zur Förderung kanonischen Guts der Sing-Akademie zu Berlin 2011”. Einsendungen an dramaturgie@sing-akademie.de

Tafler-Tip: Stock 11

Porträt stock11

27. Januar, 19 Uhr, Sophiensäle

„Kollektive erobern die Kunstwelt“ stellte das Kunstmagazin „Monopol“ fest. Und das gilt auch für die Musik. stock11 – das sind 11 KomponistInnen und InterpretInnen, die sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, ohne deshalb ihre jeweilige Individualität aufzugeben. Ein Modell für ökonomisch prekäre und ideologisch unübersichtliche Zeiten? Ultraschall widmet stock11 einen langen Abend mit doppelter Perspektive. Am Beginn die Innensicht: ein Selbstporträt mit allen elf Mitgliedern. Und anschließend: die Interpretation einiger Werke der stock11-KomponistInnen durch ein befreundetes Ensemble. Dazu Installationen, weitere Live-Performances und Überraschungs-Acts.Teil 1

Michael Maierhof
splitting 13 für Alt-Saxofon mit schwingendem System und Zuspielung (2010)

Maximilian Marcoll
Compound No 5a für Schlagzeug und Elektronik (2010)
Uraufführung

Christoph Ogiermann
YOTTA / NYQUIST / GODZILLA / und HÄH?
MonoRhythmica für zwei Spieler an Tasten, Violine und Tröte nebst MIDI- und 6-Kanal-Zuspiel (2008)

Uwe Rasch
Adieu den Adieus.
Ein musikalisches Triptychon als Konzept für (Hammond-)Orgel, Rhönradfahrer und Keulenschwinger (1999)

Martin Schüttler
schöner leben 1 (music for K.C.) für Countertenor mit E-Piano, Megaphon, Verstärkungen, Zuspielungen, Maske & Pistole (2008)

Hannes Seidl
Box für Countertenor, Viola, Geräuschemacher und Elektronik (2008)

Jennifer Walshe
Neuer Film mit Live-Aktionen aller stock11-Mitglieder (2010)

Teil 2

Martin Schüttler
Gier für Oboe, Klavier, Schlagzeug, Kontrabass und Live-Elektronik (2007/08)

Maximilian Marcoll
Compound No 4 für Violine, Viola, zwei Spieler an Alltagsgegenständen, Schlagzeug und Elektronik (2010)
Uraufführung

Jennifer Walshe
i: same person / ii: not the same person für Stimme, Psalterium, Elektronik und variable Instrumentation (2007)

Uwe Rasch
drift für Flöte, Oboe, Klarinette, Klavier, Schlagzeug, Zuspiel und Video (2002)

Christoph Ogiermann
wRuKi 3 wenn Rauschen unsere Konsonanz ist, dargestellt durch Saxophon, Tasten und Percussion nebst deren verzögerter elektronischer Wiedergabe durch 5 Lautsprecher (2010)

ab 23 Uhr
Party 75 Jahre stock11
Mit stock11 und DJ Robert Etzold (Hasenschaukel HH)

Alsohäute / deCHIFFRage

Dienstag, 25. Januar 2011, 21 Uhr
Villa Elisabeth, Invalidenstr. 3, Berlin

Liedertafel mit Konstantin Ames und Harald Muenz

“Vom Haartausend was mir gefällt: da muss was faul sein.” 

Konstantin Ames, “ein saarländisch-verschmitzter Fein-, Feuer- und lyrischer Poltergeist“ (DRadio), stellt seine vom Hören und Verhören, von kleinsten Lautverschiebungen und größten Sprechgesten geprägten “politischen fürdichte” vor, die soeben unter dem Titel “Alsohäute” bei “roughbooks” erschienen sind.

Während der in Berlin lebende Dichter Ames gesprochene Sprache in Text- und Schriftprozesse transformiert, arbeitet der Kölner Komponist Harald Muenz an einer “ästhetischen Phonetik”, die musikalische Vorgänge der Sprache freilegt und neu ordnet. In einer “Performance Lecture” erläutert er seine Sprechkompositionen, die zuletzt u.a. bei den Donaueschinger Musiktagen zur Aufführung kamen.

Im Anschluß widmet sich ein Round Table der Rolle einer ästhetischen Phonetik für die Neue Musik und die zeitgenössische Lyrik.

Das Programm:

Leier Leier weh-weh-weh! (2011)
Sprechkanon von Bo Wiget / Konstantin Ames
Cum publicum

Alsohäute (2010)
Lesung mit Konstantin Ames

Aethelfrith sieht iffy und danny zu
u. haut die dann wie wenn
(2010)
Diatriebe sic für 2 Stimmen und 1 erstmal abwesenden Mordskerl
Sprecher: Monika Rinck, Christian Filips, Konstantin Ames

deChiffrAGE (1993)
für blattlesenden Sprecher mit zufallsgesteuertem Live-Texttransformator
(Laptop) – Komposition: Harald Muenz

Ästhetische Phonetik / Sprach- und Sprechkomposition
Performance Lecture von Harald Muenz

*
ab 22.15 Uhr

Offenes Round-Table-Gespräch bei Wein und Käse

Alsohäute”, Konstantin Ames, roughbooks 2011